Mittwoch, 4. Dezember 2019

Rückruf und Vernichtung nach dem Markengesetz kann unverhältnismäßig sein (Fachanwalt U. Linder)

Wird ange­ordnet, wider­recht­lich gekenn­zeich­nete Waren nach dem Marken­ge­setz zu vernichten und diese aus den Vertriebs­wegen zu entfernen und zurück­zu­rufen, so hat dies über die Folgen­be­sei­ti­gung hinaus Sank­ti­ons­cha­rakter.

 
Wegen des damit verbun­denen Eingriffs in das grund­ge­setz­lich geschützte Eigentum ist die Anord­nung in beson­derem Maße dem Verhält­nis­mä­ßig­keits­grund­satz unter­worfen.
Die Frage der Unver­hält­nis­mä­ßig­keit ist deshalb unter umfas­sender Berück­sich­ti­gung aller Umstände des Einzel­falls zu beant­worten. Eine sche­ma­ti­sche Prüfung verbietet sich.
 
Auf diesen Grund­satz verwies der für das Marken­recht zustän­dige erste Senat des Bundes­ge­richts­hofs (BGH). Die Richter erläu­terten sodann, was unter Berück­sich­ti­gung des gene­ral­prä­ven­tiven Zwecks in die Abwä­gung einzu­be­ziehen ist.
 
Hier­unter fallen das Vernich­tungs­in­ter­esse des Inha­bers der Marke und das Erhal­tungs­in­ter­esse des Verlet­zers, die Schuld­lo­sig­keit oder der Grad des Verschul­dens des Verlet­zers, die Schwere des Eingriffs in das Marken­recht (unmit­tel­bare Über­nahme oder Verlet­zung im Rand­be­reich), der Umfang des bei der Vernich­tung für den Verletzer entste­henden Scha­dens im Vergleich zu dem durch die Verlet­zung einge­tre­tenen wirt­schaft­li­chen Schaden des Rechts­in­ha­bers und Beson­der­heiten der Beschaf­fen­heit der Ware.
Neben diesen Gesichts­punkten kann bei der Abwä­gung auch die Frage von Bedeu­tung sein, ob im Einzel­fall die Störung durch ein milderes Mittel besei­tigt werden kann.
Dies wäre z. B. der Fall, wenn die wider­recht­liche Kenn­zeich­nung sicher und dauer­haft entfernt werden kann.
 
BGH-Urteil vom 11.10.2018, I ZR 259/15.

Ulf Linder 
Magister rer.​publ., Rechts­an­walt und Mediator
Fach­an­walt für Arbeits­recht
Fach­an­walt für Versi­che­rungs­recht
Fach­an­walt für Verwal­tungs­recht

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