Dienstag, 7. Juli 2020

Hund, Katze, Maus und noch ein ganzer Streichelzoo dazu: Tierhaltung im Mietshaus (Fachanwältin Göksu)

In Deutsch­land werden Millionen Hunde, Katzen, Zier­vögel und Klein­tiere gehalten. Tier­hal­tungs­ver­ein­ba­rungen haben im Miet­recht daher erheb­liche Bedeu­tung. Nach dem Urteil des BGH ist ein formu­lar­ver­trag­li­cher völliger Ausschluss der Tier­hal­tung („Hunde und Katzen“) unzu­lässig, auch soweit Klein­tiere von der Verbots­klausel ausge­nommen werden. Dasselbe gilt, wenn die Zustim­mung zur Tier­hal­tung durch die Klausel ins „freie Ermessen“ des Vermie­ters gestellt wird. Doch was gilt im Einzelnen? 
1. Zustim­mungs­ver­ein­ba­rung
Eine Zustim­mungs­ver­ein­ba­rung darf für die Zustim­mung des Vermie­ters keine Schrift­form verlangen. Ist dies der Fall, ist die Verein­ba­rung als Vertrags­klausel unwirksam (LG Frei­burg WuM 97, 175). Weiter muss die Verein­ba­rung Zier­vögel, Zier­fi­sche und andere Klein­tiere (vgl. unten) ausnehmen, deren Haltung grund­sätz­lich nicht zustim­mungs­be­dürftig ist.
2. Inter­es­sen­ab­wä­gung
Die Grenze hinsicht­lich des Ermes­sens ist bereits vor dem Einwand des Rechts­miss­brauchs zu ziehen, der z. B. gegeben wäre, wenn einem Blinden ohne trif­tigen Grund ein Blin­den­hund verwei­gert wird oder für den Mieter die Haltung eines Haus­tieres aus psychi­schen oder physi­schen Gründen unbe­dingt erfor­der­lich ist. Im Fall des Zustim­mungs­er­for­der­nisses müssen ebenso wie bei Fehlen einer wirk­samen Tier­hal­tungs­ver­ein­ba­rung die Inter­essen Vermieter und Mieter abge­wogen werden. Bei dieser Inter­es­sen­ab­wä­gung sind folgende Umstände zu berück­sich­tigen:
  • Art und Zahl der zu haltenden Tiere,
  • Größe der Miet­woh­nung,
  • Art und Größe des Hauses bzw. der Wohn­an­lage,
  • Anzahl und Art  der bisher im Haus gehal­tenen Tiere,
  • Alters­struktur der Haus­be­wohner (ältere Menschen, Fami­lien mit Kindern),
  • beson­dere Bedürf­nis­lage beim Mieter (z. B. Blin­den­hund, Schutz­hund) und
  • Verhalten des Vermie­ters in anderen Fällen.
Übliche Klein­tiere müssen in jedem Fall von dem Zustim­mungs­er­for­dernis ausge­nommen werden (z. B. Zier­vögel, Zier­fi­sche, Gold­hamster). Dagegen zählen z. B. Ratten, obwohl sie auch „klein“ sind, nicht zu den übli­chen Haus­tieren und fallen daher auch nicht unter die Ausnahme, die für Klein­tiere gilt. Dasselbe gilt, soweit es sich um die Haltung gefähr­li­cher Tiere handelt, die immer vertrags­widrig ist. Bestimmte Tiere wild lebender Art gelten gene­rell als gefähr­lich. Hierzu gehören, soweit Klein­tiere betroffen sind, z. B. giftige Spinnen und Skor­pione. Hinzu kommt, dass sich die Haltung auch der Klein­tiere auf einen zuträg­li­chen Umfang beschränken muss, sonst kann vertrags­wid­riger Gebrauch vorliegen.
Nimmt eine Vertrags­klausel nur Zier­vögel und Zier­fi­sche vom Zustim­mungs­er­for­dernis aus, ist die vertrag­liche Verein­ba­rung unwirksam (BGH NZM 08, 78). Nach der BGH-Entschei­dung ist der Grund hierfür, dass es auch andere Klein­tiere gibt, z. B. kleine Schild­kröten.
Es ist davon auszu­gehen, dass die erteilte Erlaubnis unter dem still­schwei­genden Vorbe­halt gleich­blei­bender Verhält­nisse steht. Dies bedeutet: Der Widerruf der Tier­hal­tungs­er­laubnis muss aus wich­tigem Grund möglich sein. Sinn­voll ist, dies bereits bei der Vertrags­ge­stal­tung zu berück­sich­tigen. Dies gilt insbe­son­dere, wenn von einem Haus­tier, das vertrags­gemäß ange­schafft wurde, konkrete Gefähr­dungen, unzu­mut­bare Beläs­ti­gungen oder Störungen ausgehen.
Durch Indi­vi­du­al­ver­ein­ba­rung soll ein voll­stän­diger Ausschluss der Tier­hal­tung zulässig sein. Aller­dings müssen auch bei einer solchen Verein­ba­rung die wech­sel­sei­tigen Inter­essen berück­sich­tigt werden. So muss der verein­barte voll­stän­dige Ausschluss der Haus­tier­hal­tung abge­än­dert werden können, wenn sich der Sach­ver­halt gegen­über der Sach­lage bei Vertrags­schluss gravie­rend verän­dert hat (Beispiel: Ein Mieter benö­tigt infolge zuneh­mender Sehschwäche einen Blin­den­hund).
3. Rechts­folgen
Rechts­folge der vertrag­lich nicht gedeckten und nicht geneh­migten Tier­hal­tung kann ein Anspruch auf Unter­las­sung der Haltung eines bestimmten Tiers sein. Gege­be­nen­falls ist sogar die Kündi­gung des Miet­ver­hält­nisses als frist­lose Kündi­gung bei erheb­li­chen Verstößen oder die ordent­liche Kündi­gung möglich, wenn die Tier­hal­tung trotz Abmah­nung oder Gerichts­ur­teil fort­ge­setzt wird.

Öncü Göksu 
Rechts­an­wältin
Fach­an­wältin für Miet- und WEG-Recht

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